Mihail Lapp ist seit viereinhalb Jahren bei der RKG Freiburg. Er startet in der leichtesten Gewichtsklasse. Beim Torjubel im Trainingsspiel zum Aufwärmen orientiert er sich aber an einem Schwergewicht.
Zu den beliebtesten, für Ringer aber auch zu den verletzungsträchtigsten Aufwärmmethoden beim Training gehört das Fußballspiel. Das ist beim Zweitligisten RKG Freiburg nicht anders wie in anderen Vereinen. Dann treffen Grobmotoriker auf sehnig-flinke Balltreter, Leute mit einem Wumms im Bein auf elegante Pirouettendreher. Beim Zweitligisten aus dem Breisgau münden solche Aufwärmprogramme schon mal in ein „Länderspiel“. Deutschland gegen Moldau, denn im Kader der RKG stehen Ringer aus dem kleinen Staat in Osteuropa mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern. Trainer Ion Vasilachi, hat im Laufe der Jahre aus seinem Heimatland die Landsleute Maxim Sacultan, Valentin Petic, Corneliu Rusu und Mihail Lapp zum Zweitligisten gebracht. Da bietet sich beim Fünf gegen Fünf ein Vergleich Deutschland gegen Moldawien ja geradezu an.
Und wie beim Länderspiel der hochbezahlten Nationalteam-Kicker ist auch bei den RKG-Ringern der Favorit Deutschland – aber das muss ja nicht viel heißen. Leistungsträger bei den kickenden Ringern aus Moldau ist ebenso wie auf der Matte der leichteste von ihnen: Mihail Lapp. Schießt er ein Tor, dann ist der kleine Mann, der bei den Kämpfen nur 57 Kilo auf die Waage bringen darf, einem Großen des Fußballs ganz nah. „Der Mihail feiert seine Treffer mit dem Cristiano-Ronaldo-Jubel“, sagt sein zweiter Coach bei der RKG, Stefan Moosmann. Also nach dem Tor in die Höhe springen, sich in der Luft drehen und beim Wiederaufkommen aus dem Boden so breitbeinig dastehen wie in den Filmen ein Revolverheld – oder im Fußball eben der mehrfache Weltfußballer des Jahres.
Mihail Lapp ist seit viereinhalb Jahren bei der RKG, er ringt meist sowohl in dem von ihm bevorzugten Freien Stil als auch im griechisch-römischen Stil, bei dem Griffe bekanntlich nur vom Scheitel bis zur Hüfte erlaubt sind. Am 28. September 2019 bestritt er seinen ersten Bundesligakampf für die Freiburger. Er endete – wie seither die meisten Duelle – mit einem Sieg des inzwischen 25-Jährigen.
Seine Kämpfe hätten mehr Beachtung verdient
Da er im Limit bis 57 Kilo kämpft, der leichtesten Gewichtsklasse, ist er nach den Regeln der Mannschaftskämpfe immer der erste Athlet, der auf die Matte muss. Auf der einen Seite ist das recht entspannend für einen Athleten, weil er den Druck weniger spürt, dass sein Ergebnis entscheidend sein könnte für Sieg oder Niederlage der Mannschaft. Auf der anderen Seite steht Lapp dann auch nicht groß im Mittelpunkt wie die beiden Weltergewichtler (Klasse bis 75 Kilogramm), mit denen die Teamduelle beendet werden. „Manchmal gehen Mihails Kämpfe ein wenig unter, er hätte gelegentlich etwas mehr Aufmerksamkeit verdient“, sagt Coach Moosmann über den Sportler, der wie sein zweiter Trainer Ion Vasilachi bei einem Tiefbau- und Straßenbau-Unternehmen in Heitersheim arbeitet. „Deshalb fahren Ion und ich nach der Arbeit meist auch gemeinsam zum Training“, sagt Lapp, der in dieser Runde zehn seiner zwölf Einzelkämpfe für sich entschieden hat.
Vier Jahre lang rang er für die RKG in der ersten Liga, nun tut er es in der zweiten Bundesliga. Die Gegner sind nicht zwingend schwächer als in der Beletage. Wenn es nach Lapp geht, der sich im nächsten Jahr für die Europameisterschaft qualifizieren will, dann würde mindestens noch einmal viereinhalb Jahre bei der RKG kämpfen – einen Cristiano-Ronaldo-Jubler kann dem Verein gewiss nicht schaden. Allerdings könnte der Deutsche Ringer-Bund etwas dagegen haben. Denn der hat sich bereits dafür ausgesprochen, dass die 57-Kilo-Klasse in der nächsten Saison bei Mannschaftskämpfen der ersten und zweiten Liga wegfällt. Somit ist dann das Limit bis 61 Kilo die leichteste Kategorie. „Für einen Ringer wie mich, der für die 57-Kilo-Klasse kaum Gewicht abtrainieren muss, ist das nicht ganz einfach“, sagt Lapp.
Er weiß, dass die Gegner stärker sind auf 61 Kilo, in der eigenen Mannschaft hat er da in David Brenn (Freistil) und Corneliu Rusu (griechisch-römisch) zwei Kollegen, an denen er leistungsmäßig kaum vorbeikommen wird. Schrecken kann ihn das indes kaum. Und das Training der RKG wäre um eine Attraktion ärmer, würde da nicht einer den Ronaldo-Move nach jedem Tor beim Aufwärmen machen und anschließend behende auf der Ringermatte herumwuseln.